Der historische Chappeliweg / Treppenweg Weesen - Amden


Geschichte und heute noch begehbare historische Teile von nationaler Bedeutung:


Die Namen 'Chappeliweg' und 'Treppenweg' gehen auf eine nicht mehr existierende Wegkapelle (Chappeli) bei Punkt 610 (C) (siehe folgenden Kartenausschnitt) und auf einige hundert Treppenstufen auf diesem historischen Zugangsweg nach Amden zurück. Beim Chappeli hatte man bis dato denn auch die besonders kritische Stelle um den Chappeli-Felsen hinter sich gebracht. Um 1890 dürfte das Chappeli noch gestanden haben, allerdings im Zustand des Verfalls, da die Chappeliweg-Felsumrundung durch den Strassenbau unterbrochen und nicht mehr begangen wurde (neue Strasse 1882 eröffnet).


Bild: Historische Substanz rot markiert; https://ivs.admin.ch/ ; swisstopo


Der historische Weg bis zur ersten Galerie und der heute noch existierende entsprechende Weg mit etwa gleichem Verlauf von A nach B (siehe obigen Kartenausschnitt) hat fast keine Historische Substanz mehr. Auf folgendem Foto von gegen 1890 ist sein Verlauf von A bis fast B unterhalb der 1882 eröffneten Strasse gut zu sehen. Das Geröll vom Strassenbau blieb teils im Weg hängen:


Foto: Staatsarchiv St. Gallen


Der Weg von B nach C wurde durch den dort auf ungefähr gleicher Linie erfolgten Strassenbau (1881/82) 'überdeckt' und man muss für dieses Stück heute durch die beiden Galerien hindurch laufen. Einen historischen Einblick auf diesen Wegabschnitt vermittelt folgendes Bild:


Zeichner: Mathias Gabriel Lory ~1830, Kupferstecher: Johann Hürlimann; [Staatsarchiv St. Gallen].

Zu obigem Bild: Der vordere Weg-Teil ist wie erwähnt durch den Strassenbau um 1881 'überdeckt' worden. Die Felsspitze seeseits des Weges steht aber heute noch zu einem grossen Teil. Das hinten sichtbare Treppenteilstück um den Chappeli-Felsen ist ebenfalls heute noch auszumachen und mit Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sogar begehbar.



Ein Bild in der Gegenrichtung des vorherigen Bildes von der anderen Seite der auffälligen talseitigen Felsspitze aus aufgenommen:


Bild: Aus historischem Reiseführer; Künstler Karl Girardet(?), um 1870.



Das folgende Bild ist ungefähr vom Ende (Seite Amden) der erwähnten Felsspitze im vorangehenden Bild
aus aufgenommen. In der Bildmitte ist deutlich die seeseitige Umrundung des Chappeli-Felsens zu sehen:


Bild: Balz Stäger 1892 [1892: fertiggestellt, denn die Strasse existierte bereits seit 1882].
Sein bekannter und ähnliche, aber ungenauere 'Stich' von 1899 basiert auf diesem Bild.




Das Chappeli und der Weg aussen um den Chappeli-Felsen herum


Am Ausgang der zweiten Galerie gelangen wir (bei C) auf ein kleines 'Bödeli' (heute Parkplatz). Auf dieser kleinen Terrasse (Chappeli / Underchlause Pkt. 910) stand das dem Weg seinen Namen gebende Chappeli, das zugleich als Raststätte diente, wo die Träger eine Pause einlegen konnten.


Rekonstruktionsversuch auf Grundlage noch auffindbarer historischer Beschreibungen:
(gemauert, klein, Raststätte, Kruzifix an Rückwand, Windschutz)


Bild: Rekonstruktionsversuch für das Chappeli - wohl auch als
Raststätte genutzt. Rast-Sitzbank und Kruzifix an Rückwand.
[Paul Gantner]


ROTHENHÄUSLER (1951: 11) weist auf eine 1886 entstandene Zeichnung des Felsweges mit Wegkapelle von Julius Rieter hin.

Im BAEDEKER-Reiseführer von 1893 wird die schöne Aussicht bei einem verfallenen Kapellchen rechts der Strasse, 3/4 St. von Weesen, angepriesen.

HUGGER (1961: 117f): Zuletzt führte der Weg in schwindelnder Höhe um den Vorsprung herum, den die Leute 'Chappeli' nennen. Denn droben auf der kleinen, ebenen Fläche stand eine gemauerte Rasthütte, wo die Träger ihre Last abstellen und verschnaufen konnten, ohne den Winden ausgesetzt zu sein. An der Rückwand hing ein Kruzifix.

RUDOLF D. GMÜR: Im Ortsmuseum Amden wurde anlässlich einer Ausstellung 2018 ein Bild des Amdener Künstlers Rudolf D. Gmür, 1857 - 1921 gezeigt, das dieses Chappeli zeigt.


Auf dem kleinen Felsplateau des 'Chappeli'-Felskopfes sind heute verschiedene Mauerreste zu sehen. Ob es sich um zugehörige Fundamente handelt, könnte nur archäologisch abgeklärt werden.
[IVS Dokumentation VERKEHRSWEGE Kanton St. Gallen]


Der Chappeliweg musste aber - im Gegensatz zur neuen Strasse mit respektablem Felsdurchbruch - seeseitig aussen und etwas tiefer um den Chappeli-Felskopf herum geführt werden. Wenn wir einige Meter in die Galerie zurück laufen, sehen wir unter uns noch deutliche Spuren dieser Felsumrundung in Schwindel erregender Höhe. Das gemauerte Ende zur Galerie hin scheint 'ordentlich' abgeschlossen zu sein, es muss wohl 'Brückenpfeiler' einer (Holz-)Brücken-Konstruktion - vielleicht nach Bauart Stiebender Steg - gewesen sein. Diese vermutete Holzkonstruktion fiel wohl dem Strassenbau (1882) zum Opfer:


Bild: Es stellt sich sofort die Frage. Kann man heute zu diesem Brückenkopf 'vorstossen'?
Ja, man kann, auf eigenes Risiko, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit vorausgesetzt.



Das Prinzip "Stiebender Steg" (Lehnenbrücke) anhand zweier Beispiele:

Bildquelle: SJW-Heft Nr. 297
"100 Pferde und 4 Räder".

Bildquelle: Rekonstruierter Steg auf der andern Seite des Walensees (Heerweg).
IVS; ama, 14. 6. 2003; INVENTAR HISTORISCHER VERKEHRSWEGE Kt. Glarus




Im unteren Bereich des folgenden Bildes ist die exponierte Stelle der Chappelifelsen-Umrundung
gut zu sehen. Deutlich sichtbar sind die Treppe und das Ende der Stützmauer vom Galeriedach aus:





Leicht veränderte Perspektive:






Und ein entsprechendes Bild im Sommer in voller Vegetation. Man beachte die Treppenstufen rechts oben und die Stützmauer unten links:





Diese Passage ist recht exponiert, was die Errichtung eines 'Chappelis' veranlasst haben dürfte:
(Vgl. Antonius-Kapelle an der Teufelsbrücke in der Schöllenen.)





Nur vom 'Chappeli-Parkplatz' aus (mit dem Bus fährt man bis Lehni und läuft etwa 500 m zurück) gibt es noch Zugang (von oben her) um den Chappeli-Felsen herum bis ans bereits gezeigte Ende der Stützmauer (Brückenkopf) unterhalb des heutigen Galerie-Endes.



Hier der Eingang von oben her (auf eigenes Risiko!):





Das Wegstück der Felsumrundung führt auf einem etwa 20 m langen und 2 m breiten, aus der Felswand
geschlagenen Trassee, um den Felskopf herum. Teilweise sind noch die erwähnten Treppenstufen zu sehen.

Der exponiert verlaufende Weg (man muss schwindelfrei sein!) etwas weiter unten und rückwärts betrachtet:


Foto: ama, 14.7.1999; IVS Dokumentation VERKEHRSWEGE Kanton St. Gallen.


Beim Brückenkopf angekommen findet man eine in den Felsen gemeisselte Inschrift:
'ALTER FUSSWEG BIS 1882 NACH AMDEN'; [Thomas Angehrn].




Ab dem 'Chappeli-Parkplatz' kann heute der historische Chappeliweg/ Treppenweg problemlos begangen werden

(mit dem Bus fährt man bis Lehni und läuft etwa 500 m zurück)

Die restaurierten Teile beginnen gleich beim Chappeli-Platz oberhalb der Fahrstrasse.





Nach kurzer Zeit treffen wir auf einen Wegweiser, der einen kurzen Aufenthalt lohnt, denn: Auf Grund seiner Anzeige ('historischer Treppenweg') geht der Wanderer hier in der Regel einfach geradeaus weiter, wohl in der Meinung, sich immer noch auf dem historischen Chappeliweg zu befinden:


Bild: Wer hier aber genau hinsieht, stellt fest, dass sich die Treppenstruktur beim Wegweiser ändert. Das ist eines
der zahlreichen Indizien, dass es sich hier nicht um eine bauzeitlich nahtlose Fortsetzung des Chappeliweges handelt.



Dieser sibyllinische Wegweiser

Gemäss Wegweiser verzweigt sich der Weg nach Amden in die beiden Richtungen D und E, die 'unscheinbarere' (E) ist sogar 5 Minuten kürzer:



Das Problem:

Auf dem Wegweiser kommt das Wort 'historisch' nur einmal vor, nämlich in Richtung D, bezeichnet mit 'historischer Treppenweg'. So entsteht der Eindruck, dass der historische Chappeliweg dort weiter führe. Der wirklich historische Chappeli-Weg führt aber in Richtung E. Somit müsste auf der Tafel E eigentlich auch ein Zusatz 'historisch' stehen, in diesem Fall 'historischer Chappeliweg'.

Dieser Wegweiser bevorzugt die 'spektakulärere' (bergbautechnisch schwierigere) - aber weniger historische - Route und berücksichtigt erst in zweiter Linie die Fraktion der 'historischen Hardliner'.

Der Hardliner verpasst bei seinem Gang via E zwar die interessante Felspassage, weiss sich aber auf dem 'echten' historischen Chappeli-Weg und wird dazu mit einem Gedenkstein mit der eindrücklichen Jahreszahl 1669 am Wegrand belohnt. Und auch auf - allerdings weniger steile - Treppen-Bereiche muss er nicht verzichten.

      Wegweiserfoto: https://mapit.ch/ww_data/standort/normal/7.065.1.jpg


Es lohnt sich jedenfalls, beide Wege zu begehen, etwa in Form einer Rundtour.


Im Folgenden werden beide Richtungen vorgestellt:

1. Der 'Hardliner-Weg' nach rechts (Richtung E)

Dies ist also der ursprüngliche, historische und 'richtige' Chappeliweg nach Amden. Dass dem so ist merkt man selber schnell, wenn man beide Varianten begeht und vergleicht. Der Chappeliweg war ja ein Saumweg und nicht ein teilweise schmaler Personen-Bergweg:





Immer wieder trifft man auf Bereiche mit Treppenstufen:





Wenn man Stimmen hört, aber niemanden sieht, so sind sie von Kletterern am berühmten Kletterfelsen bergseits des Weges.




Bald treffen wir bergseits auf den erwähnten Gedenkstein von 1669:


Bild: Gedenkstein für Pfarrer Johannes Frischherz, der ungefähr hier am 21.7.1669 gemäss Überlieferung verunfallte.




Über 350 Jahre dem Wetter ausgesetzt hat die Jahreszahl auf dem Gedenkstein natürlich arg gelitten:





Der Weg nähert sich dem Ende des Felsbandes und ändert damit markant seine Richtung:





An dieser Stelle hat man in der laubfreien Jahreszeit einen eindrücklichen Blick in die Tiefe auf den Walensee und die Linth-Ebene:






2. Der 'spektakulärere' Weg geradeaus (Richtung D)

Dies ist sehr wahrscheinlich ein neuerer Weg via eine Fels-Passage zur Spitzkehre (Port-Rank) der Kantonsstrasse hinauf. Wozu dieser aufwendige Weg fast parallel zu dem schon lange bestehenden (breiteren) Saum-Weg errichtet wurde, ist heute nicht ersichtlich, was durch die zahlreichen Hypothesen deutlich wird. Als Saumweg ist er ohnehin kaum geeignet (zu steil und enge Felspassage). Am wahrscheinlichsten dürfte er erst im Zusammenhang mit dem Strassenbau (1882) errichtet worden sein und wäre somit weit über 200 Jahre jünger als die andere Variante E. Beim Wegweiser zeigt die Treppe und der weitere Verlauf dieser neueren Variante D - wie bereits angedeutet - eine strukturelle Unstetigkeit, die auch gegen eine Hypothese eines zeitgleichen Baus der beiden Wege spricht. Diese Variante D bleibt indes weiterhin ein Geheimnis:






Folgendes Bild: Die neuere Fels-Passage mag dafür als 'Miniatur'-Ersatz zur Erinnerung an die eigentliche spektakuläre und heute unterbrochene Chappelifels-Umrundung gesehen werden und - als weitere Hypothese - vielleicht war genau dies der Grund für den Bau dieser Variante, denn die neue Strasse stiess in Amden nicht nur auf Begeisterung (siehe weiter unten):





Es folgt nach der Felspassage ein recht steiler Treppen-Abschnitt und wir erreichen eine Spitzkehre-Kurve (Port-Rank) der Kantonsstrasse. Der Treppenweg setzt sich fort - aber nicht mehr 'historisch' - und verschwindet wieder im Wald:





Aus vergangenen Zeiten:

Zur Fahrstrasse von 1882:
Die Gemeinde Amden hatte sich lange gegen deren Bau gesträubt. Unter anderem
befürchtete man eine Beeinträchtigung der Moral der Dörfler [Anm.: Stadt-Einfluss].
[Quelle: https://www.ivs.admin.ch]



Die Strassenteile beider folgender Fotos sind heute durch eine Galerie überbaut. Man sieht den seeseitigen Felsen jedoch auch heute noch gut durch die Galerie-Fenster:


Foto um 1920



Und etwa an der selben Stelle ein Foto in der Gegenrichtung (man orientiere sich am seeseitigen Felsen):


Foto um 1932



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